Trude Herr
Sebastian Kreyer
Bewundert viel und viel gescholten: Auf kaum eine Person der jüngeren Kölner Stadtgeschichte trifft Goethes berühmtes Wort wohl so zu wie auf Trude Herr. Zunächst als kritische Büttenrednerin im Nachkriegskarneval gefeiert, kam sie schon bald nur noch schwer vom Stereotyp der korpulenten Ulknudel los. Da sie nirgends ein Theater fand, das ihrer Vision angemessen war, baute sie sich selbst eines: Im Theater im Vringsveedel war sie von 1977 bis 1986 als Schauspielerin, Autorin, Regisseurin, Kostümbildnerin, Requisiteurin und Managerin tätig, um auf diese Weise das Volkstheater neu zu erfinden – doch für viele Kölner war diese Erfindung zu drastisch und zu ordinär. Trude Herrs Verhältnis zu ihrer Heimat-stadt blieb stets ambivalent: Immer wieder drehte sie Köln den Rücken, um ambitionierte Filmprojekte in der Sahara zu realisieren oder auf die Fidschi-Inseln auszuwandern, gleichzeitig jedoch sang sie mit Niemals geht man so ganz und Die Stadt Hymnen der kritischen Liebe zu Köln. Heute ist es an der Zeit, Trude Herr als Performerin neu zu entdecken, deren radikale Zurschaustellung von femininer Selbstbestimmtheit dafür sorgt, dass Vringsveedel und Sahara gleichermaßen Ort existentieller Erfahrung sein können: „Im Zentrum ihrer Stücke steht immer eine dicke Frau. Sie spielt immer ums Überleben.“ (Jürgen Flimm)
Sebastian Kreyer studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Soziologie an der Freien Universität Berlin und arbeitete von 2008 bis 2013 als Regieassistent bei Karin Beier am Schauspiel Köln. Dort inszenierte er 2012 Tennessee Williams‘ Glasmenagerie. Es folgten Inszenierungen am Deutschen Schauspielhaus Hamburg (Die Physiker und Versuch über die Pubertät) sowie an den städtischen Theatern in Bremen, Kassel, Dresden und Bonn. Mit seinem Trude Herr-Projekt kehrt Sebastian Kreyer nun wieder nach Köln zurück und knüpft an seine erfolgreichen Hommage-Abende in der Reihe Was vom Tage übrig blieb an, die er im Erfrischungsraum des Kölner Schauspiels bereits Ikonen wie Dolly Parton, Desiree Nick oder Gerburg Treusch-Dieter widmete.